Was war zuerst, das Wappen
oder das Siegel. In Dahlen vermutlich erst
einmal das Siegel, vorhanden nur noch als
Siegelabdruck. Das Siegelwesen entwickelte sich
im abendländischen Mittelalter zu höchster
Blüte. In erster Linie
zur Beglaubigung von Urkunden benutzt, diente
das individuell gestaltete Siegel dem
Siegelführer als Repräsentationsmittel.
Zeugt schon manche Siegelumschrift von hohem
Anspruch und Selbstverständnis, so bot die
Gestaltung des Siegelfeldes durch Verwendung von
Zeichen, Bildern und Symbolen erst recht die
Möglichkeit zu einer Aussage im Sinne des
Siegelführers. Auch daraus ergibt sich der hohe
Stellenwert des Siegels. In den richtigen
zeitlichen und sachlichen Zusammenhang gerückt
und angemessen interpretiert, eröffnet das
Siegel mancherlei Kenntnisse von dem Bewusstsein
und der Vorstellungswelt des mittelalterlichen
Menschen.
Über die vielfältigen Qualitäten als
Geschichtsquellen hinaus sind Siegel oftmals
Kunstwerke von hohem Rang. Da Siegelstempel im
Allgemeinen von Goldschmieden in Bronze oder
Messing, seltener in Silber gestochen wurden,
handelt es sich bei der Siegelkunst um einen
namhaften Teil der Goldschmiedekunst.
Das Rheinland hat an der Entwicklung des
Siegelwesens eine führende Rolle gespielt. Hier
sind die ersten Städtesiegel überhaupt
entstanden. Besonders in Köln und am Mittelrhein
entstandene Siegel bestechen durch ihre
herausragende künstlerische Qualität.
Alles was mit Wappen zusammen hängt, bezeichnen
wir als "heraldisch", und der ganze Komplex der
Wappenkunde und Wappenkunst heißt „HERALDIK“.
Die von den Herolden
entwickelten Regeln beruhen auf den Erfahrungen
des mittelalterlichen Kriegshandwerks und fanden
wegen der seinerzeit elementaren Bedeutung der
Waffengänge weitgehend Anerkennung. Jede Person
musste auch unter ungünstigen Sichtverhältnissen
schnellstens erkannt werden können.
Eine der Hauptregeln ist die
Farbregel, nach welcher Metall nicht auf Metall
und Farbe nicht auf Farbe liegen soll.
In jedem Wappenschild soll entweder Gold
oder Silber in nennenswertem Anteil vor kommen.
1)
Neben dem Gesichtspunkt der Erkennbarkeit auf
große Entfernung, der in angemessenem Verhältnis
auch auf stärkste Verkleinerung anzuwenden ist,
müssen formale Vorraussetzungen erfüllt sein, um
ein Zeichen als Wappen gelten zu lassen.
Ein Wappenbild muss auf
mittelalterlichen Rüstungsteilen, insbesondere
einem Kampfschild dargestellt, denkbar sein.
Die modernen Abzeichen verschiedener Staaten
würden dieser Begriffsbestimmung zwar nicht mehr
entsprechen, sie müssen aber deswegen als Wappen
gelten, weil sie eine wesentliche heraldische
Funktion ausüben.
Durch Wappen werden Personen oder
Personengruppen unmittelbar repräsentiert.
Die Anwesenheit eines Wappens kann die
Anwesenheit der Person, selbst über den Tod
hinaus, ersetzen. Deshalb auch sind Wappen
bevorzugte Embleme auf Siegeln und Stempeln. 2)
Ob es, bevor die Dahlener Schöffen ein Siegel
benutzten, ein Wappen gegeben hat, ist nicht
bekannt. Hier zuerst die Beschreibung des
Schöffensiegels:
Auf,
mit Flachs ranken gefülltem Siegelfeld die
Dahlener Kirche und einem kleinen Dreiecksschild
mit dem Jülicher Löwen. Der Kirchenbau ist
verziert mit einem Kleeblatt.
Das Siegel hat die Umschrift:„Siegel der
Schöffen von Dalen“ (lateinisch
„[SIGI]LLUM [SCA]
BINORUM DE
DAL[EN]“) .3)
Hier jetzt die (heraldische) Beschreibung des
Wappens:
Auf
Grün silberne Kirche auf schmaler Basis in
Seitenansicht, dezentriert nach heraldisch links
4)
Mit schwarzer Tür, ebensolchen
Fenstern. roten Dächern und Vierpassfenstern an
Kirchenwand; heraldisch rechts 4)
am Turm goldener
Dreiecksschild mit aufrechtem, rotbezungtem
schwarzem Löwen, 5)
Das Wappen zeigt die Dahlener
Kirche in ihrem Bauzustand vor 1483. Der
Löwenschild am Kirchturm ist das Wappen der
Markgrafen (ab 1356:Herzöge) von Jülich; als
Landesherr über Dahlen erhob Markgraf Wilhelm
VI. am 27.Juni 1354 den Ort zur Stadt.
Verwendung fand das Wappen
von: vor1817 bis 1921.
Wer die Übernahme des
Siegelbilds als Wappen veranlasste, ist nicht
bekannt.
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So wird die deutsche
Bundesflagge oft als heraldisch fehlerhaft
bezeichnet, weil in ihr die schwarze und die
rote Bahn nebeneinander liegen und nicht
durch das Gold getrennt werden. Jedoch bei
Fahnen und Flaggen sollte eine gewisse
Nachsicht geübt werden.
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Alle Autoren, die
über das
Rheindahlener Wappen schreiben, verweisen
auf das Dahlener Schöffensiegel. An einer
Urkunde aus dem Jahre 1329 befindet sich das
älteste erhaltene Siegel.
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Siehe auch: Wilhelm
Hastenrath –Rheindahlen, Ansichtskarten, Bilder
und Geschichten. Band1 Umschlag und Seite 6 von
1997.
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Heraldisch links" bedeutet
links aus der Sicht des Schildträgers", aus der
Sicht des Betrachters also rechts"; das
Umgekehrte gilt für heraldisch rechts" (links
aus Betrachtersicht.)
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Siehe Rheydter Jahrbuch
Nr.18 von 1990 „Städtewappen im Gebiet von
Mönchengladbach" Seite 12f. von Siegfried Koß.
Text
auszugsweise aus "650 Jahre Rheindahlen, SL
Zeitung für Rhendahlen, 09/2004" von Winfried
Bollmann. |